Stell Dir vor, Du hast eine Menge Daten aus einer Umfrage mit 30 Fragen zu verschiedenen psychologischen Einstellungen erhoben. Du vermutest, dass dahinter nur wenige grundlegende Konstrukte stehen, wie z.B. „Leistungsmotivation“ oder „soziale Erwünschtheit“. Hier kommt die explorative Faktorenanalyse (EFA) ins Spiel: Sie hilft Dir, aus einer Vielzahl beobachteter Variablen eine kleinere Zahl latenter Dimensionen zu identifizieren. Hier sehen wir uns die Umsetzung in SPSS an.
Definition: Explorative Faktorenanalyse Die explorative Faktorenanalyse (EFA) ist ein statistisches Verfahren, das dazu dient, Zusammenhänge zwischen vielen beobachteten Variablen auf eine geringere Anzahl latenter Faktoren zurückzuführen. Sie wird eingesetzt, wenn noch keine klare theoretische Struktur vorliegt.
Voraussetzungen für eine Faktorenanalyse
Bevor Du loslegst, prüfe, ob Deine Daten für eine EFA geeignet sind. Es gibt nämlich ein paar Grundregeln:
1. Stichprobengröße
Eine Faustregel lautet: Mindestens 5 bis 10 Fälle pro Variable. Wenn Du 20 Items hast, solltest Du also mindestens 100 bis 200 Personen befragt haben.
2. Korrelationsmatrix
Die EFA basiert auf Zusammenhängen. Prüfe also, ob sich Deine Variablen überhaupt ausreichend korrelieren:
- Bartlett-Test der Sphärizität sollte signifikant sein ($p < 0{,}05$).
- Kaiser-Meyer-Olkin (KMO)-Maß sollte idealerweise > 0{,}6 betragen.
Definition: KMO-Maß Das KMO-Maß prüft, ob die Items ausreichend gemeinsame Varianz besitzen, um für eine Faktorenanalyse geeignet zu sein.
Explorative Faktorenanalyse in SPSS durchführen
Hier bekommst Du eine schrittweise Anleitung, wie Du die Analyse in SPSS durchführst:
Schritt 1: SPSS-Menü nutzen
Gehe zu:
Analysieren → Dimensionen reduzieren → Faktoren...
Wähle hier alle Variablen aus, die Du untersuchen willst (z.B. alle Skalenitems eines Fragebogens).
Schritt 2: Deskriptive Statistiken prüfen
Klicke auf den Button „Deskriptive“ und aktiviere:
- Korrelationen
- Anti-Image-Matrix (für KMO)
- KMO und Bartlett-Test
Schritt 3: Extraktionsmethode wählen
Unter „Extraktion“ kannst Du auswählen:
- Hauptkomponentenanalyse (standardmäßig)
- Hauptachsenfaktoren (besonders geeignet, wenn Du latente Konstrukte untersuchst)
Definition: Eigenwert Ein Eigenwert gibt an, wie viel Varianz ein Faktor erklärt. Faktoren mit einem Eigenwert > 1 gelten meist als signifikant.
Aktiviere auch den Scree-Plot, um zu prüfen, wo ein „Knick“ auftritt, der Dir Hinweise auf die Anzahl sinnvoller Faktoren gibt.
Schritt 4: Rotation für bessere Interpretierbarkeit
Gehe auf „Rotation“ und wähle:
- Varimax: Wenn Du unabhängige Faktoren erwartest.
- Oblimin: Wenn Du erwartest, dass sich die Faktoren überlappen.
Definition: Rotation Eine Rotation in der Faktorenanalyse ist eine mathematische Transformation, die dazu dient, die Faktorstruktur klarer und besser interpretierbar zu machen.
Schritt 5: Ergebnisse interpretieren
Kommunalitäten
Sie zeigen, wie viel der Varianz eines Items durch die extrahierten Faktoren erklärt wird. Werte < 0,4 sind kritisch.
Faktorladungen
Das Herzstück: Sie sagen Dir, welches Item auf welchen Faktor „lädt“.
Definition: Faktorladung Die Faktorladung beschreibt die Korrelation eines Items mit einem Faktor. Hohe Ladungen (> 0,4) zeigen eine starke Zuordnung zum jeweiligen Faktor an.
Rotierte Komponentenmatrix
In dieser Tabelle erkennst Du, wie die Items auf die Faktoren verteilt sind. Jedes Item sollte möglichst stark auf genau einen Faktor laden.
Ein Beispiel aus der Psychologie (frei erfunden)
Stell Dir vor, Du erhebst 12 Fragen zur Selbstwirksamkeit, Kontrollüberzeugung und Angst vor Prüfungen. Die EFA ergibt 3 Faktoren:
- Faktor 1: Items zur Selbstwirksamkeit laden hier > 0,6
- Faktor 2: Items zur Kontrollüberzeugung > 0,7
- Faktor 3: Items zur Prüfungsangst > 0,5
So wäre eine klare Struktur erkennbar. Du könntest nun für jeden Faktor eine Skala bilden (Mittelwert aus den zugehörigen Items).
Tipps zur Interpretation
- Schaue, ob sich die Items eines Faktors auch inhaltlich ähneln
- Items mit sehr niedrigen Ladungen (< 0{,}3) solltest Du evtl. ausschließen
- Kommunalitäten sollten > 0{,}4 liegen
- Achte auf Doppel-Ladungen (Items mit hohen Werten auf mehreren Faktoren)
Fazit
Die explorative Faktorenanalyse ist ein unverzichtbares Werkzeug, wenn Du verborgene Strukturen in Fragebögen oder psychologischen Tests entdecken willst. Mit SPSS kannst Du sie auch ohne Programmierkenntnisse gut durchführen. Wichtig ist, die Voraussetzungen zu prüfen und die Ergebnisse kritisch zu interpretieren.
Q&A zur Überprüfung
1. Was prüft der Bartlett-Test der Sphärizität?
Beispiellösung: Ob die Korrelationen zwischen den Variablen signifikant von null verschieden sind. Ist er signifikant ($p < 0{,}05$), darf faktorisiert werden.
2. Was bedeutet eine Faktorladung von 0,65?
Beispiellösung: Das Item korreliert mit 0,65 mit dem jeweiligen Faktor, was auf ein
Alles klar?
Ich hoffe, der Beitrag war für dich soweit verständlich. Wenn du weitere Fragen hast, nutze bitte hier die Möglichkeit, eine Frage an mich zu stellen!