Die Einzelfalldiagnostik zielt darauf ab, für eine einzelne Person ein möglichst genaues diagnostisches Urteil zu fällen. Hierbei wird die Unsicherheit von Testergebnissen, die durch Messfehler entstehen können, besonders hervorgehoben.
Dies wird anhand eines Beispiels aus der Intelligenzdiagnostik verdeutlicht: Ein Schüler erzielt 75 IQ-Punkte, was eine Empfehlung für den Besuch einer Förderschule rechtfertigen könnte. Doch ohne Berücksichtigung des Messfehlers könnte das Urteil voreilig und potenziell ungenau sein.
Standardmessfehler (SEM)
Ein zentrales Konzept ist der Standardmessfehler (SEM), der die Unsicherheit eines Testergebnisses quantifiziert. Der SEM lässt sich anhand der Standardabweichung und der Reliabilität des Tests berechnen:
$$SEM = SD(X) \cdot \sqrt{1 – Rel(X)}$$
Diese Größe gibt Aufschluss darüber, wie stark der beobachtete Wert vom wahren Wert abweichen könnte.
Konfidenzintervalle
Konfidenzintervalle bieten eine Möglichkeit, die Unsicherheit zu visualisieren. Ein Konfidenzintervall zeigt den Bereich, in dem der wahre Wert mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit liegt. In der Diagnostik werden diese Intervalle genutzt, um die Interpretation von Testergebnissen abzusichern.
Für das Konfidenzintervall berechnen wir:
$\text{Konfidenzintervall} = \bar{X} \pm Z \cdot \frac{s}{\sqrt{n}}$
Erklärung der Formel:
- $\bar{X}$: Stichprobenmittelwert
- $Z$: Kritischer Wert aus der Standardnormalverteilung (für 95 % liegt $Z$ bei 1,96)
- $s$: Stichprobenstandardabweichung
- $n$: Stichprobengröße
Zur Interpretation: Würde man unendlich viele dieser Konfidenzintervalle berechnen, wäre bei 95% der wahre Wert enthalten.
Praxisbezug
In der Praxis bedeutet dies, dass Diagnostiker*innen immer die Unsicherheit von Testergebnissen berücksichtigen sollten, insbesondere wenn die Ergebnisse wichtige Entscheidungen beeinflussen, wie z. B. die Schullaufbahn eines Kindes oder die Therapie eines Patienten.